„Wir sind zwei Jahre im Verzug“

16.07.2018

„Wir sind zwei Jahre im Verzug"

Gutachten soll Grundstückspreise ermitteln

shz.devon shz.de
12. Juli 2018, 16:00 Uhr

Vor dem Hasloher Dörphus fielen sich die beiden jungen Frauen in die Arme. „Habt ihr schon gekauft und werden wir jetzt Nachbarn?“, fragte die eine, die gerade von ihrer Joggingrunde kam. „Noch nicht, aber heute erfahren wir endlich die Preise“, sagte die andere. „Dann können wir endlich alles eintüten. Ich freue mich so.“

Eineinhalb Stunden später flossen die Tränen. Allerdings nicht vor Freude, sondern aus Wut und Enttäuschung. „Irgendwann müssen die doch mal eine Entscheidung treffen“, sagte die junge Frau an ihren Freund gewandt, der nur verzweifelt die Achseln zuckte.

Der Finanzausschuss der Gemeinde Hasloh hatte kurz zuvor die Entscheidung über die Kaufpreise für die Grundstücke in zweiten Bauabschnitt der Neuen Mitte vertagt. Zunächst soll der Gutachterausschuss des Kreises Pinneberg die von der Verwaltung ermittelten Preise prüfen.

Horst Rühle (CDU) hatte schon bei der Festlegung der Tagesordnung Kritik an der öffentlichen Diskussion über die Preise geübt und eine Verlegung in den nichtöffentlichen Teil gefordert. Kay Löhr (FDP, Foto) hielt dagegen: „Die Zahlen sind ohnehin schon veröffentlicht. Ich sehe keine Persönlichkeitsrechte gefährdet, und wir sollten den Bürgern und Interessenten zeigen, dass Politik hier transparent ist.“ Das sahen auch fünf der sieben Ausschussmitglieder so und stimmten für die öffentliche Beratung.

320 bis 350 Euro pro Quadratmeter für ein Einfamiliengrundstück, 370 bis 390 Euro pro Quadratmeter für ein Doppelhaus- und Reihenhausgrundstück und 650 bis 700 Euro pro Quadratmeter für ein Mehrfamilienhaus lautete der Verwaltungsvorschlag für das zu bebauende Areal. „Die höheren Preise werden mit Marktgegebenheiten begründet, aber wir wissen doch gar nicht, wie sich der Markt entwickelt“, sagte Rühle.

Im Finanzausschuss sei ein Preis von 265 bis 285 Euro diskutiert worden. „Ich habe Sorgen, dass wir die Grundstücke nicht loswerden. Eigentlich bräuchten wir einen unabhängigen Gutachter“, forderte er.
„Es sind marktübliche Preise“, erläuterte Regina Stöver aus dem Fachbereich Liegenschaften der Stadt Quickborn den Vorschlag. Sie habe alle Kaufverträge für Grundstücke, die über ihren Tisch liefen, geprüft, sich mit Norderstedt abgestimmt, Preise im Internet recherchiert und Gespräche mit Maklern geführt. „Das ist, was derzeit in Hasloh und Umgebung bezahlt wird“, erläuterte sie. Von Preisnachlässen für Hasloher Bürger riet sie ab. „Da gibt es andere Steuerelemente wie Punktesysteme, um diese bei der Vergabe zu bevorzugen“, sagte Stöver.

„Es kann sein, dass die Marktanalyse stimmt, aber ich habe für mich nicht die Sicherheit“, sagte Rühle. Zudem bemängelte er, dass keine aktualisierte Wirtschaftlichkeitsberechnung vorliegt. Ein Kritikpunkt, bei dem auch Löhr zustimmte: „Es gibt jede Menge offene Fragen. Mir fehlt auch eine mittelfristige Betrachtung, was wir in Kindergärten und Infrastruktur investieren müssen.“

„Was bringt die Wirtschaftlichkeitsanalayse? Wir haben mal mit 220 Euro kalkuliert. Wenn wir 360 Euro pro Quadratmeter ansetzen, liegen wir mehr als 50 Prozent über Plan. Selbst wenn die Kosten um ein Viertel höher liegen, hätten wir einen satten Gewinn für die Gemeinde“, sagte Gunnar Schacht (SPD, Foto). Bei einem Preis von 220 Euro pro Quadratmeter würde die Gemeinde für die 15 Grundstücke, die als erstes verkauft werden sollen 3,08 Millionen Euro einnehmen, bei einem Verkaufspreis von 360 Euro sogar 5,04 Millionen Euro.

„Sie haben jetzt zweimal den Konjunktiv verwendet. Das ist mir zu unsicher“, sagte Rühle. „Der Preis ist die zentrale Frage für die Interessenten. Je länger wir damit warten, desto mehr werden sich umorientieren“, warnte Bürgermeister Bernhard Brummund (SDP, Foto). „Wir pokern, und wir pokern auch hoch, aber ich denke, dass wir keine Zeit verlieren, wenn wir einen Gutachter einschalten. Die Gemeindevertretung tagt erst am 6. September“, sagte Henning Jacob (SPD), Vorsitzender des Finanzausschusses.

Stöver warnte, dass die Zeit für die Erstellung eines Gutachtens nicht ausreichen könnte. Dennoch stimmten fünf Gemeindevertreter für ein neues externes Gutachten – bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme. „Es zieht sich alles in die Länge und wir machen alles doppelt und dreifach“, sagte Dieter Kalkovski (SPD). „Wir sind jetzt schon in unserem Zeitplan zwei Jahre im Verzug.“

– Quelle: https://www.shz.de/20413212 ©2018